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Geschlecht, Arbeitseilung, Staat – Ein kühner Versuch
von Martin Konecny und Hanna Lichtenberger

Rezension: Nowak, Jörg (2009): Geschlechterpolitik und Klassenherrschaft. Eine Integration marxistischer und feministischer Staatstheorien; Münster: Westfälisches Dampfboot.

Jörg Nowaks Buch „Geschlechterpolitik und Klassenherrschaft. Eine Integration marxistischer und feministischer Staatstheorien“ stellt das ambitionierte und viel versprechende Projekt dar, zwei der großen theoretischen Paradigmen der Linken, Marxismus und Feminismus, auf und über das Feld der Staatstheorie zusammen zu führen (11). Die Wichtigkeit seines Vorhabens macht Nowak darin aus, dass „[i]n den kapitalistisch geprägten Industriegesellschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts [...] die Verbindung von Familienpolitik, Geschlechterverhältnissen und Veränderungen in der Erwerbsarbeit eine der strategischen Schlüsselfragen für den Kampf um die Grundkoordinaten gesellschaftlicher Entwicklung“ sind (10).
Sein Fokus gilt der Frage, wie Klasseninteressen das Verhältnis von Staat und Geschlecht beeinflussen und wie umgekehrt Geschlechterhierarchien Arbeitsteilungen verändern. Die zentrale Kategorie der Klassenverhältnisse möchte Nowak dabei nicht allein ökonomisch, sondern entlang dreier konstitutiver Ebenen bestimmen: die des Einkommens und der Machtressource, die der aktiven Handlungen von Gruppen und Individuen und schließlich die diskursiv-symbolische Ebene. Damit korrespondieren Nowak zufolge für die Geschlechterverhältnisse die Ebenen der Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen, die „gemischtgeschlechtliche“ AkteurInnenebene, auf der um unterschiedliche Formen von Männlichkeit und Weiblichkeit gekämpft wird, und wieder die diskursiv-symbolische (13). Staatlichkeit wird dabei als Terrain ausgemacht, auf dem unterschiedliche gesellschaftliche Verhältnisse miteinander verschränkt werden (15). Im Hinblick auf die Klassenverhältnisse erscheint uns diese dreigliedrige Bestimmung insofern als problematisch, weil sie der wenige Zeilen zuvor mit Jessop getroffenen Bestimmung von Klasse als „Einheit von Positionen in kapitalistischen Produktionverhältnissen mit kontingenten Interpretationen dieser Positionen“ widerspricht. Der Klassenbegriff bleibt auch im Folgenden unbestimmt, eine Rekonstruktion des Klassenbegriffes im Anschluss an Poulantzas, wie sie angesichts der zentralen Rolle von dessen Staatstheoriefür Nowak naheliegend gewesen wäre, findet nicht statt.
Das Buch ist im Folgenden in drei große Teile gegliedert: Im ersten Abschnitt Arbeitsteilung, Klasse, Geschlecht diskutiert Nowak zunächst unter dem Titel Die Struktur der kapitalistischen Produktionsweise vor allem Louis Althussers und Etienne Balibars Konzeption der „kapitalistischen Produktionsweise“ als „Einheit eines strukturierten Ganzen“ (23) und bestimmt die unterschiedlichen Bedeutungen, die dem Begriff der kapitalistischen Produktionsweise zukommen. Daran anschließend werden Althussers „funktionalistische“ Annahmen über die Beziehung von Superstrukturen und Basis kritisiert (25ff.). Dabei macht Nowak die These stark, dass es zur Reproduktion des Kapitalismus auch außerökonomischer Bedingungen bedürfe (28f.) Immer noch mit Althusser werden die Begriffe Produktionsweise, Gesellschaftsformation und Produktionsverhältnisse diskutiert sowie verschiedene Ansätze vorgestellt, die Artikulation unterschiedlicher Produktionsweisen und Produktionsverhältnisse innerhalb einer konkreten Gesellschaftsformation zu untersuchen (30f.)
Nach einem kurzen Rekurs auf Gramscis Begriff des „geschichtlichen Blocks“ zieht Nowak ein erstes Zwischenfazit. Darin kommt er zu dem Schluss, dass es die Begrifflichkeiten von Althusser, Balibar und Gramsci ermöglichen, das Zusammenwirken von kapitalistischer Ökonomie und Produktionsverhältnissen in Haushalten zu denken, eine These die er später weiter ausführt. So ließe sich die ungleichzeitige Entwicklung der verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen innerhalb der letztinstanzlichen Determination durch das Ökonomische erklären, ohne nicht-ökonomische Ebenen als deren bloßen Ausdruck oder als für ihre Reproduktion notwendig funktional darzustellen. Diese letztinstanzliche Determination beschreibt Nowak so, „dass Mehrwertproduktion allen anderen gesellschaftlichen Entwicklungen einen gewissen Rahmen gibt und Grenzen etabliert, in denen sie kontingent verlaufen“ (34). Damit ist auch bereits angedeutet, dass die Funktionalität von Geschlechterverhältnissen für die kapitalistische Produktionsweise „auf der theoretischen Ebene nicht zulässig“ ist (ebd.) und immer konkret hergestellt werden muss.
Unter dem Titel Marxistische Theorien der Arbeitsteilung folgt ein Wechsel der Abstraktionsebene. Anstatt den Begriff der gesellschaftlichen Arbeitsteilung von Althusser und, im Anschluss daran, von Poulantzas stark zu machen, werden – etwas unerwartet – verschiedene marxistische Ansätze zu Arbeitsmarktsegregationen entlang der Linien Geschlecht und Ethnizität diskutiert (35ff.). So spannend diese Konzepte auch sind, leidet Nowaks Zugang doch darunter, dass nur die geschlechtsspezifische, nicht jedoch die ethnisierte Arbeitsteilung – gerade auch in ihrem Verhältnis zum Staat – bestimmt wird.
Nach der Beschäftigung mit den marxistischen Ansätzen geht Nowak zur Diskussion feministischer Theorien über. Er kritisiert, dass konstruktivistische Ansätze zum Thema Geschlecht nicht erklären können, welche Strategien und Motive sich überschneiden, und dass sie die Interdependenz von Ökonomie und Geschlechterhierarchie als äußerliches Verhältnis darstellen. (54). Im Anschluss an Reinhard Kreckel stellt er die These auf, die Trennung von Erwerbsarbeit und Privathaushalt sei bereits im 19. Jahrhundert verallgemeinert worden (49). Als zentral für die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung sind laut der von Nowak vorgestellten feministischen Literatur die Trennung von Erwerbs- und Privatleben, die damit entstehenden Institutionen des Familienernährers und der Hausfrau, die Benachteiligung der Frau in der Erwerbsarbeit, die Abhängigkeit nicht entlohnter Arbeit von Erwerbseinkommen, die Ehe und Familie als Ort der Verteilung des Erwerbseinkommens sowie die Rolle des Staates (53).
Nowak fährt mit einer theoretischen Rekonstruktion der Artikulation von kapitalistischer Produktionsweise und Geschlechterverhältnissen fort (55). Er verwirft dabei Ansätze, welche eine eigenständige häusliche Produktionsweise behaupten, da die „häuslichen Produktionsverhältnisse“, so Nowaks Definition, über Raum und Zeit viel zu verschieden seien, als dass über eine einheitliche Produktionsweise gesprochen werden könnte (59). Dennoch besitzen diese große Eigendynamik, die sich nicht auf das Kapitalverhältnis reduzieren lässt und für dieses nicht notwendig funktional ist. Ebenso lehnt er die Behauptungen ab, dass die häuslichen Produktionsverhältnisse, weil sie zum Mehrwert beitragen bzw. den Wert der Arbeitskraft notwendig drücken würden, auf der Ebene der Kapitallogik integriert werden könnten. Nowak argumentiert hier schlüssig, dass der Einfluss von häuslichen Produktionsverhältnissen auf den Wert der Arbeitskraft nur in den konkreten Kräfteverhältnissen bestimmt werden kann (63). Weil die Lohnform für ihn eine zentrale Bestimmungskategorie ist, zieht er den Begriff der „nicht-entlohnten“ Arbeit gebräuchlicheren wie denen der Reproduktions- oder Hausarbeit vor (57). Das hat zwar gewisse Vorteile, allerdings wäre auch eine Definition über den Haushalt als Ort der Arbeit durchaus sinnvoll. So könnte nämlich die Umverteilung zwischen weißen Frauen und ihren migrantischen Haushaltsarbeiterinnen diskutiert werden. Hierin deutet sich bereits eine Leerstelle an, die am Ende des Buches sichtbar wird, wenn Nowak die Behauptung aufstellt, die „informellen Ökonomien“ müssten nicht in sein Analyseraster der Ökonomie – kapitalistischer Markt, staatliche Ökonomie und familiale Sphären der nicht entlohnten Arbeit – aufgenommen werden, da diese in seinem Gegenstand der OECD-Staaten kein so großes Gewicht hätten (186f.). Diese Ausblendung hängt dabei allerdings sicher nicht nur mit den Begrifflichkeiten zu entlohnter und nicht-entlohnter Arbeit zusammen, sondern vor allem auch mit der beinahe völligen Abwesenheit der Kategorie „Ethnizität“. Etwas unklar bleibt, ob die Geschlechterverhältnisse hauptsächlich durch die Trennung in entlohnte und nicht-entlohnte Arbeit reproduziert und also durch diese erst konstituiert werden, oder ob die geschlechtsspezifischen Arbeitsteilungen in diesen unterschiedlichen Organisationsformen von Arbeit nur präsent sind. Dann wäre jedoch zu klären, wo diese dann herrühren.
Als Zwischenfazit des ersten Teils hält Nowak fest: „Mit der Verknüpfung von strukturalem Marxismus und hegemonietheoretischem Marxismus mit feministischem Konstruktivismus sind theoretische Werkzeuge verfügbar, mit denen die Veränderung des Verhältnisses zwischen verschiedenen Weisen gesellschaftlicher Hierarchisierung gefasst werden kann.“ (67)
Im zweiten Teil wird unter dem Titel Staatstheorie ebendiese abermals aus marxistischer und feministischer Perspektive diskutiert. Dies ist für Nowaks Forschungsinteresse von Nöten, weil Staatstheorie „politische Macht in ihrer Eigenlogik erfasst, deren Funktionsebenen differenziert und ihre Grundlagen benennt. Der Staat stellt mit seinem Institutionengefüge selbst einen Aspekt der gesellschaftlichen Arbeitsteilung dar. Damit ist der Staat in seiner steuernden Funktion in Bezug auf Veränderungen der Arbeitsteilung und als Aspekt dieser Arbeitsteilung in doppelter Weise für die Veränderung geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung relevant.“ (71)
Ausführlich geht er auf Gramscis Staatstheorie, seine Konzeption von „politischer Gesellschaft“ und „Zivilgesellschaft“ ein (77–90). Interessant ist dabei insbesondere die von Nowak aufgeworfene Frage, ob die Familie als Teil der Ökonomie oder als Teil der Zivilgesellschaft zu betrachten ist. Er löst dieses Problem schlüssig, indem er die „Doppelfunktion“ als Teil der Ökonomie und der Zivilgesellschaft als spezifische Bedeutung der Familie ausmacht (89f.).
Sehr spannend ist die im Anschluss daran dargestellte Debatte zwischen Althusser und der il manifesto-Gruppe als VertreterInnen des so genannten Eurokommunismus. Gegen Althussers Plädoyer für eine Distanz zum Staat machen die VerteterInnen des Eurokommunismus eine Strategie auf Ebene der Hegemonieapparate stark und fordern die Verknüpfung verschiedener partikularer Kämpfe in einem neuen, noch zu schaffenden geschichtlichen Block. Besonders interessant an dieser in den 1970er Jahren geführten Debatte ist die Voraussicht, dass feministische Kämpfe, wenn sie nicht in einen größeren geschichtlichen Block eingebettet sind, Gefahr laufen, von den herrschenden Kräften integriert zu werden.
An die staatstheoretischen Überlegungen von Gramsci und Althusser schloss Nicos Poulantzas an; mit ihm, so Nowak, lasse sich das Verhältnis von Politik und Ökonomie und deren wechselseitige Anordnung denken (98). Kritisch gegen ihn wendet er einerseits ein, dass Poulantzas im Gegensatz zu Gramsci das Politische auf den Staat verenge (103) und sich mit dem Begriff des „Machtblocks“ – wiederum im Gegensatz zu Gramscis „geschichtlichen Block“ – die Integration der Subalternen nicht fassen lässt. Darüber hinaus kritisiert er, dass seine Staatskonzeption keinen Platz für eine politische Strategie in Distanz zum Staat gäbe (105). Nowak zeigt jedoch auch, wie sich mit Poulantzas die kontingente Verknüpfung von Klassen- und Geschlechterverhältnissen denken lässt. Poulantzas habe bereits erkannt, dass die Geschlechterverhältnisse nicht auf die Klassenverhältnisse reduziert werden können und ein eigenständiger Bestandteil politischer Macht sind. Gerade über ihre Eigenständigkeit könne deren Funktionalität konkret hergestellt werden. Bei Poulantzas ist hierfür nur ein Anknüpfungspunkt gegeben, da er keine systematische Analyse der Verknüpfung der beiden Verhältnisse leistet und sein Begriff von Geschlechterverhältnissen auf die Beziehung zwischen Mann und Frau begrenzt bleibt (113ff.).
Unter dem Titel Feministische Staatstheorie werden Ansätze des sozialistischen Feminismus als funktionalistisch kritisiert und die feministische Kritik und Forschung im Anschluss an den Wohlfahrsstaatsansatz von Gøsta Esping-Andersen dargestellt (146–158). Einen Vorteil der feministischen Staatstheorien gegenüber den marxistischen macht Nowak allerdings darin aus, dass erstere reichhaltigere empirische Analysen zu bieten haben. Er kehrt zurück zur zweiten Phase der Wohlfahrtsstaaten-Debatte, die sich von der ersten darin unterscheidet, dass sie nicht mehr vorwiegend den Geschlechtscharakter von Klassenkompromissen, sondern zunehmend auch den Klassencharakter von Geschlechterverhältnissen zum Thema macht, und mit den Kämpfen und subalterner AkteurInnen sowie den Grenzen der Integration von Frauen in die Erwerbsarbeit neue Felder erschließt (164).
Als Ausgangspunkt einer Integration marxistischer und feministischer Theoriestränge versteht Nowak die „historisch spezifische Artikulation von Privathaushalt, kapitalistischer Ökonomie und staatlicher Intervention“, wobei deren Anordnung in Raum und Zeit variabel ist und den drei Instanzen keine notwendige Funktion zugewiesen werden kann (185f.) Die wechselseitigen Beziehungen erklärt Nowak so, dass die familiäre Sphäre der nicht entlohnten Arbeit durch ihre Trägheit eine wesentliche Strukturierungswirkung auf die beiden anderen Ebenen hat, während die kapitalistische Ökonomie stärkeren Veränderungen unterworfen ist und vor allem auf der Ebene der Verteilung von Ressourcen wirkt. Der „staatlichen Ökonomie“ kommt vor allem eine koordinierende Wirkung zu. Mit dem Begriff des Verdichtungsregimes, das „aus der Wechselwirkung der gesellschaftlichen Verhältnisse mit den politischen Institutionen und den darin handelnden Akteuren“ (189) entsteht, möchte er die konkrete Ausgestaltung geschlechtsspezifischer Arbeitsteilungen analysieren. Weiter dient ihm der „geschichtliche Block“, hier verstanden „als relativ kohärente Einheit von hegemonialem Geschlechterregime, politischem Verdichtungsregime und dominanter Akkumulationsstrategie“ als Erklärungsmodell. Unter Einbeziehung feministischer Ansätze kann vor allem gedacht werden, wie spezifische „Geschlechterleitbilder“ durch den Staat hergestellt und vermittelt werden (188)

Die Zusammenführung der marxistischen und feministischen Staatstheorien macht Nowak im dritten Teil für seinen konkreten Analysegegenstand fruchtbar. Seine Untersuchung von Klasse und Geschlecht in der deutschen Familienpolitik von 2002 bis 2007 beschäftigt sich mit der Veränderung des „geschlechterspezifischen Verdichtungsregime“ in Deutschland anhand dreier Maßnamen des Familienministeriums: dem Kinderbetreuungsausbaugesetz, den Kinderfreibeträgen und dem Elterngeld. Überzeugend zeigt Nowak hier die Stärken seines Zugangs auf. Er argumentiert schlüssig, dass unter den Bedingungen dessen, was er „flexiblen Kapitalismus“ nennt, die Familienpolitik zu einem zentralen Feld hegemonialer Politik geworden ist. Dabei habe sich eine liberale feministische Fraktion innerhalb der Staatsapparate etabliert, welche unter Aufgabe klassischer Gleichstellungspolitiken einen teilweisen Bruch mit dem konservativen Familienernährermodell erreicht hat. Dieser Bruch geht einher mit einer Integration dieses liberalen Feminismus in übergeordnete Wachstums- und Arbeitsmarkstrategien des Neoliberalismus. Das neu etablierte Modell, dass Nowak als „klassenselektives Ernährerregime“ (245) bezeichnet, zeichnet sich dadurch aus, dass es durch Zwangsmaßnahmen versucht, arbeitende Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Während besserverdienenden Frauen nach einer Geburt Anreize für eine rasche Wiederaufnahme der Lohnarbeit geboten werden, wird die grundlegende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, vor allem bei der nicht entlohnten Arbeit, nicht in Frage gestellt. Dennoch kommt der Autor zum Fazit, dass es nicht zu einem kohärenten Geschlechterleitbild gekommen ist.

Eine in etwas anderen Worten bereits zum Schluss des ersten Teils (70) geäußerte These die Jörg Nowak am Ende des Buches aufstellt scheint uns sehr problematisch: „Das ineinander beider Makrostrukturen habe ich damit erklärt, dass Geschlechterverhältnisse einen höheren Grad an Verbreitung und Durchdringung haben, während Klassenverhältnisse aufgrund ihrer Schlüsselrolle für die Verteilung materieller Ressourcen den größeren Wirkungsgrad haben. Aus diesen unterschiedlichen Wirkungsweisen lässt sich nur schwer eine Hierarchie der Wirksamkeit konstruieren, da die Wirkungsweisen sehr unterschiedlich sind. Festhalten lässt sich jedoch, dass Klassenverhältnisse sich weitaus dynamischer verändern als Geschlechterverhältnisse und damit oftmals Bedingungen etablieren für die Veränderung letzterer.“ (257). Zunächst einmal ist mit dieser Aussage noch gar nichts über das „Ineinander“ der beiden Verhältnisse, sondern lediglich über ihre unterschiedliche Wirkungsweise gesagt. Vor allem macht aber die Aussage stutzig, dass die Klassenverhältnisse den größeren Wirkungsgrad haben. Sicherlich stimmt es, dass sie für die Verteilung der materiellen Ressourcen bedeutender als die Geschlechterverhältnisse sind, aber hier wird ja gerade damit die größere Wirkungsweise – aber in Bezug zu was eigentlich – begründet. Wobei sich der Autor dann gleich wieder selbst versichert, indem er – paradoxerweise – aus dem größeren „Wirkungsgrad“ keine „Hierarchie“ ableiten will, nur um, wiederum relativiert mit Wörtchen „oftmals“ die Veränderungen der Geschlechterverhältnisse de facto zu einer Funktion der Klassenverhältnisse zu erklären. Ob sich das theoretisch begründen lässt oder ob dies geschichtlich haltbar ist, halten wir doch für sehr fraglich.

Nach der Lektüre des Buches scheint uns der Anspruch des Untertitels „Eine Integration marxistischer und feministischer Staatstheorie“ doch etwas zu hochgestochen gewesen zu sein. Sicherlich, der Umfang der dargestellten Debatten ist beeindruckend und auch Nowaks Thesen bieten wichtige Anknüpfungspunkte, aber es scheint uns sinnvoller die Auseinadersetzung mit und zwischen Marxismus und Feminismus als politisches Projekt zu verstehen, dass immer wieder neu formuliert werden muss. Am besten ist dem Autor die Integration am konkreten Gegenstand der deutschen Familienpolitik gelungen. Jörg Nowak hat hier jedenfalls ein umfangreiches Werk vorgelegt, das zu weiteren intensiven Debatten zwischen den beiden theoretischen Paradigmen anregt.





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